Der hiesige Arbeitsmarkt ist aktuell einem großen Veränderungsdruck ausgesetzt, bedingt durch gleich vier Veränderungsdynamiken:
Die zunehmende Digitalisierung (und damit verbunden Automatisierung) lässt bestimmte Kompetenzen schneller obsolet werden und erfordert neue.
Die sogenannte Dekarbonisierung ist ein Muss für den Umweltschutz. Die Zukunft unserer Kinder erfordert schonenden Umgang der Ressourcen und das wiederum bedeutet eine harte Energiewende. Wir müssen unsere CO²-Bilanz mehr und mehr ökonomisch einpreisen.
Der demografische Wandel, es wachsen einfach zu wenig Fachkräfte nach, weil auch einfach weniger Menschen in Deutschland geboren werden. Positiv ausgedrückt könnte man auch sagen: Das Stellenangebot wird größer, weil mehr Arbeitnehmer in Rente gehen als in den Arbeitsmarkt einsteigen.
Die Deglobalisierung, weil seit Covid und auch dem russischen Einmarsch in die Ukraine klar ist, dass die Globalisierung uns abhängig gemacht hat, weil Produktionsprozesse und Supply Chains dem günstigeren Angebot an billiger Arbeitskraft gefolgt ist.
Was bedeuten diese Entwicklungen für die Kompetenznachfrage am Arbeitsmarkt? Welche Kompetenzen werden in Deutschland aktuell am meisten gesucht? Wo ist die Nachfrage nach bestimmten Kompetenzen am stärksten gestiegen? Wie unterscheidet sich die Nachfrage von Region zu Region, von Beruf zu Beruf? Diese Fragen beantwortet der neue Jobmonitor der Bertelsmann Stiftung, veröffentlicht September 2022. Aus dieser Studie werde ich nach und nach Ergebnisse herausnehmen mit dem Versuch, diese in die alltägliche Arbeitswelt zu transferieren.
Gefragt sind immer mehr Soft Skills, Future Skills aber auch berufsübergreifende und fachlich übergreifende Kompetenzen. In der Studie spricht man von "transversale Kompetenz" die in meinen Augen in der Studie durchaus gut erläutert wird, wo mir jedoch der Bezug zum täglichen Arbeitsleben fehlt. Früher hätte man gesagt, Mitarbeitende mit transversaler Kompetenz sind gute Generalisten. Generalisten können gut in Zusammenhängen denken, oder wie ich in der Prozessprache gerne sage: End-to-End denken und handeln. Es genügt heute nicht mehr nur in eine Profession gut zu sein oder sich auf seinen eigenen Fachbereich zu beschränken. Der berühmte Blick über den Tellerrand wird benötigt.
Fangen wir mit der Digitalisierung an: Sich vor der Weiterentwicklung der Digitalisierung zu sperren bedeutet den dummen Versuch zu unternehmen, das Internet zu irgnorieren. Unser ganzer Alltag ist digital: Dieser Blog, das Mobiltelefon, das Auto, die Steckdose im Smart-Home, die Klingel, die Kamera, die Banküberweisung, das Entertainment, die Korrespondenz, ja ggf. sogar der Kauf der letzten Unterwäsche. Sich im Berufsleben nicht damit auseinander zu setzen ist dumm. Sich innerhalb eines Unternehmens nicht auch mit den Risiken und der Veränderung der Arbeitswelt auseinander zu setzen, ist fahrlässig. Das bedeutet jedoch nicht, dass analoges Wissen nicht mehr nötig ist. Dieser Ansatz ist genauso dumm.
Und hier ist schon ein Risiko, welches unterschätzt wird: Wissenstransfer von analog auf digital findet viel zu beiläufig statt und wird nicht dokumentiert.
Die Covid-Krise hat uns in vielen Bereichen zwangs-digitalisiert, wie z. B. ins Homeoffice verdrängt. Auf einmal vielen die KollegInnen weg, die Kaffeeküchengespräche, der Austausch, der Blick des Vorgesetzten. Das größte Augenmerk wurde auf die Datensicherheit gelegt, aber nicht mehr darauf, ob es den Mitarbeitenden gut geht. Führen bedeutete auf einmal TEAMS-Sitzungen statt Team-Sitzungen. Führungskräfte konnten nicht mehr durch ihre Autorität strahlen und führen, sondern nur noch durch ihre digitale Präsenz, Erreichbarkeit und Empathie. Kompetenzlücken wurden auf einmal deutlich. Entweder haben Vorgesetzte auf einmal durch Nichterreichbarkeit geglänzt oder durch Kompetenzlücken. Als Teamlead konnte man jetzt nicht mehr durch beobachtendes Geschick glänzen, sondern musste genau wissen, wer was an welchem digitalen Ende macht und wer mit wem sprechen musste.
Hierzu auch gerne mal mein Video-Tipp zu "hybridem Führen". Zielgruppe ist hier der Digitale Anfänger, für den das digitale Web-Meeten noch nicht in Fleisch und Blut übergegangen ist. Wer in der digitalen Welt bereits zuhause ist, hat vielleicht noch Freude an den Verhaltensregeln ab Minute 13:38h.
Gemäß er Auswertungen aus o. g. Studie hat die Digitalisierung eine signifikante Auswirkung auf die Kompetenzverschiebung heutiger Stellenanforderungen. Wo früher noch schnelle Auffassungsgabe, Selbstständigkeit oder Sprachkenntnisse gezählt haben, zählt heute eher Motivationsfähigkeit, digitale Identität und Einfühlungsvermögen. So stieg die Anforderung einer Frustrationstoleranz um 71% und die Nachfrage nach Vertrauenswürdigkeit stieg um 32%. Die Anforderung eigene Mitarbeiter zu motivieren, stieg um 38%. Das bedeutet die Anforderungen nach den fachlichen Skills wird offensichtlich durch die Anforderung nach soften Skills abgelöst. Ich persönlich behaupte sogar, dass die Ausbildung in der Schule noch nicht so digital ist, dass man die hier erwünschten Soft-Skills tatsächlich nicht grundlegend erwarten kann, zumindest denke ich "noch" nicht.
In Zeiten von Homeoffice suchen Unternehmen Mitarbeitende, die vertrauenswürdig und verantwortungsbewusst sind, sich mit Datensicherheit auskennen und ihre digitale
Identität in der Cloud gut verwalten können, sprich auch digital strukturiert sind. Gleichzeitig suchen sie Führungskräfte, die Menschen auch virtuell motivieren können und vor allen Dingen der digitalen Welt offen gegenüberstehen. Das bedeutet nicht, dass nun jeder einen Social Media Kanal haben muss, doch jeder sollte auf jeden Fall in der digitalen Welt angekommen sein.
Was heißt das für uns?
Nun es bedeutet, sich kontinuierlich zu verbessern. Es bedeutet den Einstieg in das nicht endende Streben nach Weiterentwicklung und das Anpassen auf die Veränderungen von außen. Ich selbst bin auch mitten in diesem Anpassungsmodus meiner digitalen Welt, ich schreibe hier seit geraumer Zeit einen Blog, habe einen Video-Kanal. Ich bin von Natur nicht die Person, die eine Bühne sucht. Aber ich bin von Natur aus eine Person, die einen Beitrag leisten will. Und wenn ich auf meinem digitalen Wege nur 1 Person erreiche, bei der das nächste Interview besser verläuft, weil ich Bewusstsein schaffen konnte, dann habe ich diesen Beitrag geleistet.
Nun könnte man behaupten für Maurer, Maler und Lackierer fällt die Digitalisierungstransformation gänzlich aus!?
Doch da muss ich leider widersprechen, denn auch der Maurer, Maler und Lackierer bzw. das gesamte Handwerk muss sich zukünftig mit Apps auseinander setzen, die den Arbeitsprozess dokumentieren. So wie die Pflicht der elektronischen Kassen für Gastronomie und Handel eingeführt wurden, kann man sich darauf einstellen, dass auch die digitale Abrechnung für das Handwerk in einigen Jahren notwendig sein wird.
Mein Beitrag zur Dekarbonisierung erscheint am 14. Oktober!
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